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Journalisten im Film und ihre Vorbilder

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Wir zeigen Journalisten im Film - und ihre Vorbilder.

Journalistenfilme sind dann am besten, wenn sie auf Tatsachen beruhen. Die spannendsten Geschichten schreibt noch immer das echte Leben. Doch wer echte Menschen porträtiert, trägt Verantwortung: Schließlich schafft er ein Medium der Erinnerung, das die Wahrnehmung einer Person nachhaltig beeinflussen kann. In unserer Bildergalerie zeigen wir, wie Journalisten im Film ihre berühmten Vorbilder prägten.

Bob Woodward und Carl Bernstein
(Die Unbestechlichen)

 

Die wohl bekanntesten Journalisten im Film – Bob Woodward und Carl Bernstein – waren mehr oder weniger journalistische Grünschnäbel, als sie die Hintergründe des Einbruchs im Watergate-Hotel recherchierten. Als US-Präsident Richard Nixon wegen einer Reihe von Machtmissbräuchen das Weiße Haus räumte, waren sie die Shooting Stars am Reporterhimmel. Doch erst der Film Die Unbestechlichen (All The President’s Men) machte sie zu Vorbildern einer gesamten Journalistengeneration. Robert Redford, der sich früh um die Buchrechte bemüht und später selbst in die Rolle von Bob Woodward schlüpft, legt viel Wert auf Akkuratesse, zusammen mit Co-Star Dustin Hoffman  hospitiert er wochenlang in der Redaktion der Washington Post. Umgekehrt nehmen Woodward und Bernstein Einfluss aufs Drehbuch, insbesondere Bernstein habe seine Figur in ein besonders schmeichelhaftes Licht rücken wollen – vor allem was seine Wirkung auf Frauen betrifft. Mit Dustin Hoffman ist er sehr gut bedient.

Hunter S. Thompson
(Fear And Loathing in Las Vegas)

 

Die Entwicklungsgeschichte von Fear And Loathing in Las Vegas ist eine holprige: Jahrzehntelang liegt die Verfilmung von Hunter S. Thompsons drogengeschwängerter Abrechnung mit dem American Dream auf Eis. Jack Nicholson, Dan Akroyd und John Malkovich altern schneller als die Produktion vorankommt. John Cusack erhält beinahe den Zuschlag – doch dann trifft Hunter S. Thompson auf Johnny Depp. Von nun an kommt kein anderer Kandidat in Frage: Johnny Depp sieht Hunter S. Thompson im fertigen Film nicht nur täuschend ähnlich, er kultiviert Gestik und Mimik des Gonzo-Journalisten. „Der Film ist wie eine schaurige Trompete, die nach einem verlorenen Kampf über dem Schlachtfeld erklingt“, sagte Thompson einmal zum fertigen Film. Was so viel heißt wie: Der Film trifft das Buch auf den Kopf. Er und Depp blieben bis zu seinem Selbstmord im Jahre 2005 enge Freunde. Bei der Trauerfeier zündet der Schauspieler die Kanone, die Thompsons Asche verstreut.

Robert Graysmith
(Zodiac – Die Spur des Killers)

 

In David Finchers Zodiac – Die Spur des Killers spielt Jake Gyllenhaal den Karikaturisten Robert Graysmith, der nach einer anfänglichen Faszination für den ungelösten Fall der Zodiac-Morde immer tiefer und tiefer in eine Obsession abdriftet. Der echte Graysmith avanciert über die Jahre zum Zodiac-Experten, verfasst mehrere Bücher über die rätselhafte Mordserie. Über Jake Gyllenhaals Darstellung sagt Graysmith im Interview: „Ich hätte nie von mir behauptet, dass ich vom Zodiac-Fall besessen gewesen wäre. Aber ich muss zugeben: Jake bringt meine Verfassung von damals auf den Punkt.“

Walter „Robby“ Robinson
(Spotlight)

 

Der Boston Globe gegen die Katholische Kirche: In Spotlight deckt das gleichnamige Rechercheteam einen weitläufigen Missbrauchsskandal auf. Walter „Robby“ Robinson ist der Chef der Truppe, als Bostoner Urgestein bestens in der Bostoner Stadtgesellschaft vernetzt. Michael Keaton gibt einen feinfühligen, aber unnachgiebigen Journalisten, dem die Menschen in seiner Stadt besonders am Herzen liegen. Gerade deshalb trifft ihn eine Erkenntnis besonders hart: Der Boston Globe hätte den Kindesmissbrauch schon viel eher ans Licht bringen können, wie der echte Robinson im Interview bestätigt: „[…] There was a story the Globe actually ran in 1993. The Boston Herald also ran this story, and both papers buried it inside, about this one lawyer, Eric MacLeish [played in the film by Billy Crudup] who basically sent out a press release saying that he had found 20 priests in the archdiocese [who had been accused of misconduct]. Now, in truth, looking back on it and knowing Eric MacLeish, that was Eric MacLeish trying to get attention to himself so he could get more clients, which he did. We published this story and we buried it.“

Michael Rezendes
(Spotlight)

 

Walter „Robby“ Robinson mag zwar der führende Kopf des Spotlight-Rechercheteams sein, Michael Rezendes aber ist in der öffentlichen Wahrnehmung das Gesicht der Truppe. Das hat er (einem besonders gut aussehenden) Mark Ruffalo zu verdanken, der Rezendes als einen verbissenen, leicht manischen, aber aufrichtigen Journalisten porträtiert. Gemeinsam zeigten sich der Schauspieler und der Boston Globe-Reporter (er arbeitet noch immer für dasselbe Blatt!) auf dem roten Teppich, nicht zuletzt bei der Oscar-Verleihung. Rezendes lobt nicht nur die erschreckend treffende Performance („Oh god, he’s got my laugh!“), sondern auch die gewissenhafte Vorbereitung Ruffalos: Mark came into my home and very first thing he did was he sat down at a coffee table, and he opened up a notebook, and he had his pen out, and he had his iPhone out, and eventually he was taking photographs of my coffee table and my bookcase, and he was asking me a lot of questions and my first reaction was, „This is really incredibly intrusive.“ […] “ It was outrageous, really. And then I thought to myself, „Well, gee, how many times have I
done this to people? This is my comeuppance. This is justice. I deserve this.“

Lowell Bergman
(Insider)

 

Mehr Berufspathos geht nicht: Al Pacino spielt in Insider den „Superjournalisten“ Lowell Bergman. Bergman arbeitet für die legendäre CBS-Nachrichtensendung 60 Minutes, sein Job ist es, mögliche Interviewpartner zu identifizieren und sie auf das Auspacken vor laufender Kamera vorzubereiten. Er trifft auf einen Whistleblower aus der Tabakindustrie (gespielt von Russell Crowe), der bezeugen kann, wie die großen Konzerne die gesundheitsschädlichen Folgen des Rauchens systematisch verschleiern. Die Geschichte ist im Kasten, da drohen die Zigarettenhersteller mit einer milliardenschweren Klage: Al Pacino Lowell Bergman ist der einzige, der jetzt noch an die Integrität des Journalismus appelliert, und das besonders ausschweifend. Typisch Al. Selbst der echte Bergman hält die – ohne Frage sehenswerte Pacino-Show – ein bisschen zu idealistisch geraten („a bit too neat„).

Mary Mapes
(Der Moment der Wahrheit)

 

Auch der aktuellste Film in dieser Galerie (eine Besprechung auf journalistenfilme.de folgt) beschäftigt sich mit einem weiteren Fall aus dem Kontroversenfundus des 60 Minutes-Magazins. Mary Mapes produziert im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl 2004 einen Beitrag, in dem es um George W. Bushs Karriere bei der Nationalgarde zur Zeit des Vietnamkriegs geht. Ausgerechnet der Kriegspräsident Bush (Afghanistan, Irak) soll sich mit Hilfe einflussreicher Freunde um einen Einsatz in Südostasien gedrückt haben. Doch Der Moment der Wahrheit wird zum Bumerang. Mapes und ihrem Team werden grobe Fehler bei der Recherche vorgeworfen. Am Ende steht nicht die Geschichte, sondern die politische Haltung einer Frau im Fokus, die ganz anders ist, als es das konservative Amerika gerne hätte. Journalisten im Film kommen selten ohne Pathos aus, auch Mary Mapes nicht, allerdings man kommt nicht umher, Cate Blanchett eine brilliante Leistung zu attestieren: Die von ihr gespielte Figur ist eine der stärksten Journalistinnenfiguren überhaupt. Eine Genugtuung für die echte Mapes? Nachdem der Skandal ihren Job bei 60 Minutes kostete, kehrte sie nicht mehr ins Fernsehen zurück. Dafür wurde ihr Buch Truth and Duty: The Press, the President, and the Privilege of Power verfilmt.

Dan Rather
(Der Moment der Wahrheit)

 

Dan Rather ist eine Moderatorengröße in den USA. Klar, dass der Elder Statesman der TV-Nachrichten von einem Grand­sei­g­neur Hollywoods gespielt werden muss.  Robert Redford sieht zwar nicht mal ansatzweise so aus wie der echte Dan Rather, doch er verleiht ihm die richtige Würde, die einem verdienten Nachrichtenmann gebührt. Gleichzeitig ist er der väterliche Mentor von Mary Mapes. Redford trägt zwar dick auf und wirft mit journalistischen Kalenderweisheiten um sich. Einem Kinoaktivisten wie ihm lässt man das aber gerne durchgehen. Schließlich ist er ein großer Verfechter des unabhängigen, investigativen Journalismus. Auch 40 Jahre nach Die Unbestechlichen wird Redford nicht müde, die Notwendigkeit einer freien, verantwortungsvollen Presse zu unterstreichen.

Welche „echten“ Journalisten im Film fallen Euch noch ein?

Der Beitrag Journalisten im Film und ihre Vorbilder erschien zuerst auf journalistenfilme.de.


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